Fortbildungsangebote
Neben der eigenen Fortbildungsarbeit am Agnes-Pockels-Labor werden in Kooperation mit dem KLBS der FSU Jena Fortbildungen für Lehrkräfte zu aktuelle Themen der Chemie und insbesondere den Ergebnisse der eigenen Forschungsarbeit entwickelt und für einen erweiterten Kreis zugänglich gemacht.
Themen
#1: LabPi – Low-Cost-Messwerterfassung für alle MINT-Fächer in Schule und Schülerlabor (Sek. I & Sek. II)
Während qualitative Untersuchungen im MINT-Unterricht meist schnell und einfach durchgeführt werden können, fehlen an Schulen, Schülerlaboren (und auch Hochschulen) oftmals die erforderlichen Messgeräte für quantitative Betrachtungen. Die fortschreitende Digitalisierung sowie die Entwicklung von immer präziser werdenden Sensoren bieten für diese Herausforderung neue Lösungsmöglichkeiten. In Kombination mit Minicomputern (wie dem Raspberry Pi) können auf diese Weise für wenige Euro neue Messmethoden für Unterricht und Lehre erschlossen werden.

Abbildung: Messstation LabPi
Im Projekt LabPi wird eine digitale Low-Cost-Messstation entwickelt, welche durch eine Vielzahl kostengünstiger Sensoren modular erweiterbar ist. Die einfache Erfassung und Auswertung der Messdaten erfolgt durch unsere gleichnamige und kostenfreie Software. Diese verfügt über intuitive Bedienelemente, um Schülerinnen und Schülern eine einfache Verwendung im Unterricht ohne Programmierkenntnisse zu bieten. Die Vernetzung der Geräte eröffnet zudem neue (kollaborative) Lehr-Lern-Möglichkeiten im Feld der MINT-Bildung 4.0. Beispielsweise können die Messungen mehrerer Lerngruppen in Echtzeit am Smartboard oder Beamer dargestellt und verglichen werden.
In der Fortbildung soll anhand von Beispielexperimenten und aktuellen Projekten illustriert werden, welche Möglichkeiten LabPi als offene Plattform für den Einsatz in Schulen, Schülerlaboren und Hochschulen bietet.

Abbildung: Einsatz von LabPi in Fortbildungen
Literatur:
[1] M. Wejner & T. Wilke: Low Cost - High Tech: Die digitale Messstation LabPi, CHEMKON, angenommen.
#2: Nanotechnologie – ein innovatives Themenfeld für den Chemieunterricht (Sek. II)
Auch wenn Nanotechnologie in den Medien oftmals noch als Zukunftstechnologie bezeichnet wird, findet sie doch schon heute Verwendung in vielen Bereichen des täglichen Lebens – eine Bandbreite an Produkten, von Sonnencreme über Schuhsprays bis zu Waschmaschinen, belegen eindrucksvoll, dass "Nano" längst auch in unserem Alltag angekommen ist. Im Workshop soll aufgezeigt werden, wie dieses Thema alltagsorientiert und mit gängiger Ausstattung im Chemieunterricht aufgegriffen werden kann.
Hierfür werden zunächst knapp die fachlichen Grundlagen dieses spannenden Forschungsfeldes sowie zugehörige Vorstellungen von Schülerinnen und Schülern vorgestellt. Den Schwerpunkt bieten Experimente sowie thematisch und nach Anspruch geordnete unterrichtspraktische Angebote. In Form eines Lernzirkels besteht für die Teilnehmenden die Gelegenheit, unterschiedliche Versuche auszuprobieren, Vorschläge zu deren curricularer Einbindung kennen zu lernen und mit den WorkshopleiterInnen zu diskutieren. Unter anderem folgende Themen können im Rahmen der Praxisphase erarbeitet werden:
- Synthese und Eigenschaften von fluoreszierenden Zinkoxid-Nanopartikeln
- Von der Sonnencreme zur Solarzelle - Isolation, Nachweis und Anwendung von Titandioxid-Nanopartikeln aus Sonnencreme
- Der Lotos-Effekt in Natur und Technik
- Ferrofluide: Magnetische Flüssigkeiten selbst gemacht.
In einer abschließenden Diskussion soll geklärt werden, welche Chancen und Herausforderungen die Nanotechnologie für den Chemieunterricht mit sich bringt - und konkreter, inwieweit die obigen Inhalte und Experimente sich für die schulische Praxis eignen und welche Möglichkeiten zu ihrer curricularen Anbindung sich ergeben.

Abbildung: Zinkoxid-Nanopartikel mit unterschiedlicher Fluoreszenzfarbe
Literatur:
[1] T. Wilke, S. Waitz, E. von Hoff & T. Waitz (2018): Farbig fluoreszierende Zinkoxid-Nanopartikel, CHEMKON, 1 (25), S. 16-22.
[2] T. Wilke, J. Dege & T. Waitz (2017): Experimente zu Eigenschaften von Nanomaterialien in Chemieunterricht und Schülerlabor. CHEMKON, 4 (24), S. 209-226.
[3] J. Dege, T. Waitz & T. Wilke (2015): Von der Sonnencreme zur Solarzelle - Ein Unterrichtsprojekt über Titandioxid-Nanopartikel verbindet Schule und Universität, PdN-ChiS 4 (64), S. 32-36.
[4] K. Artelt, F. Kutteroff, T. Wilke, T. Waitz & A. Habekost (2015): Von der Bisphenol-A-Problematik zur Pho-tokatalyse - Ein Vorschlag zur Einführung photokatalytischer Reaktionen an Titandioxid im Chemieunterricht, PdN-ChiS, 1 (64), S. 25-28.
#3: Nanotechnologie II – Synthese von Nanopartikeln im Leidenfrost-Reaktor (Sek. II)
Der Leidenfrost-Effekt ist uns aus dem Alltag Sehr heiße Oberflächen können Fluide nicht nur scheinbar „schweben“ lassen, sondern auch besondere Reaktionsräume und -bedingungen erzeugen. Dies ist etwa bei dem Leidenfrost-Phänomen der Fall, bei dem Fluide über eine erhitzte Oberfläche zu schweben scheinen. Meist findet dieses Phäno-men nur anekdotische Erwähnung in Showexperimenten mit flüssigem Stickstoff, wobei das chemische und chemiedidaktische Potenzial nicht ausgeschöpft wird. Im „Leiden-frost-Reaktor“ bilden sich an der Grenzfläche zwischen Tropfen und Oberfläche nutzbare Reaktionsbedingungen aus (siehe Abbildung), welche in einfachen Experimenten zur Syn-these von unterschiedlichen Nanopartikeln genutzt werden können. Dazu gehören nicht nur fluoreszierendes Zinkoxid, sondern etwa auch weitere Münzmetalle.
In der Fortbildung werden einfache, aussagekräftige Experimente für den Einsatz in Schule, Schülerlabor und der Lehrerbildung vorgestellt, in denen Nanopartikel mit ver-schiedenen Eigenschaften (Farbe, Morphologie, Fluoreszenz) synthetisiert werden. Hieran lassen sich im Anschluss anschaulich Struktur-Eigenschafts-Beziehungen aufzeigen und weitere klassische Inhalte des Kerncurriculums illustrieren.

Abbildung: Einfache Synthese von Gold-, Magnetit-, Silber- und Zinkoxid-Nanopartikeln im Leiden-frost-Reaktor (v.l.n.r.) in verschiedenen Stadien bzw. Partikelgrößen.
In einer abschließenden Diskussion soll geklärt werden, welche Chancen und Herausfor-derungen die Nanotechnologie für den Chemieunterricht mit sich bringt - und konkreter, inwieweit die obigen Inhalte und Experimente sich für die schulische Praxis eignen und welche Möglichkeiten zu ihrer curricularen Anbindung sich ergeben.
Literatur:
[1] T. Wilke, R. Abdelaziz, M. Elbahri & S. Schwarzer (2017): Nachhaltige Nanochemie – Zwei einfache Green Chemistry-Synthesen für den Chemieunterricht. CHEMKON, 4 (24), S. 178-191.
[2] S. Schwarzer, R. Abdelaziz, M. Elbahri & T. Wilke (2016): Wenn ein Wassertropfen zum Nanolabor wird – Gold-Nanopartikel aus dem Tropfenreaktor, CHEMKON, 4 (23), S. 188-190.
[3] S. Schwarzer, T. Wilke, R. Abdelaziz & M. Elbahri (2015): Wenn ein Wassertropfen zum schwebenden „Nano-Reaktor“ wird - Einsatz eines Leidenfrost-Tropfens zur Darstellung und Untersuchung von Nanopartikeln. PdN-ChiS, 4 (64), S. 23-27.
#4: Jede Schule besitzt Elektronik-Schrott – Einfache Experimente zum Recycling von Gold aus Computern (Sek. II)
Wer mit Gold-Nanopartikeln arbeiten möchte, scheitert oft daran, dass in der Schule aus Kostengründen keine goldhaltigen Chemikalien angeschafft werden. in dieser Fortbildung wird eine praktikable Lösung vorgestellt, deren Unterrichtsrelevanz noch ungleich höher ist als der Bezug von Gold-Nanopartikeln zu Schwangerschaftstest und Krebstherapie: Die Aufarbeitung von kupfer- und goldhaltigem Elektronikschrott, der selbst in Schulen häufig achtlos mit dem Restmüll entsorgt wird, wird als Modellexperiment vorgestellt. Dazu kommen kritische Denkansätze zum unsachgemäßen Recycling in Teilen der Dritten Welt sowie die Bewusstmachung hoher Sachwerte, die unbeachtet vergeudet werden und last but not least die Darstellung von Goldsäure für die Synthese der eingangs erwähnten Gold-Nanopartikel.

Abbildung (v.l.n.r.): Elektronikschrott aus Computern, Lösen unedler Metalle in Salzsäure, Goldsäure-Lösung nach Abschluss der Versuchsreihe, recyceltes Kupfer durch Zementation auf Eisenwolle.
Literatur:
[1] T. Wilke, O. Bodensiek & K. Ruppersberg (2018): Synthese von Gold-Nanopartikeln - Gold aus Elektronikschrott. ChiuZ, 5 (52), S. 342-349.
[2] T. Wilke & K. Ruppersberg (2017): Jede Schule besitzt Elektronik-Schrott – Einfache Experimente zum Recycling von Gold aus Computern, UC 161 (27), S. 22-26.
#5: Kleine Additive mit großer Wirkung – Maßgeschneiderte Synthese von Kunststoffkompositen mit Nanoadditiven (Sek. I & Sek. II)
Mit einem jährlichen Verbrauch von 37,4 kg pro Kopf allein in Deutschland sind Kunststoffe wichtige Alltagsmaterialien unserer Zeit. Die Variation der Monomere, Reaktionsparameter und Additive ermöglicht die Herstellung von Polymeren mit maßgeschneiderten Eigenschaften und vielfältigen Einsatzmöglichkeiten. Von besonderem Interesse ist in diesem Zusammenhang derzeit der Einsatz von nanoskaligen Additiven. Ein Beispiel hierfür ist der Faserverbundleichtbau in der Automobilindustrie: Im Spannungsfeld zwischen Material- und Nanowissenschaften werden hierbei Nanokomposite erforscht, die trotz geringen Gewichts über eine hohe mechanische Belastbarkeit verfügen und als sichere, kraftstoffsparende Karosserien eingesetzt werden können.
Hieran anknüpfend soll im Vortrag vorgestellt werden, wie das klassische Themenfeld der Polymere um experimentelle Zugänge zu einem aktuellen Forschungskontext erweitert werden kann. In einer Versuchsreihe stellen Schülerinnen und Schüler mit günstigen Chemikalien (Aluminiumoxid) und einfachen Materialien aus dem Baumarkt (Polyesterharz) Nanokomposite her, die eine wesentlich größere Härte aufweisen, als die reinen Polymere. Deren Eigenschaften können anschließend mit einem simplen und modellhaften Prüfverfahren vergleichend untersucht werden. Aufbauend hierauf können im Anschluss weitere Reaktionsparameter verändert werden, wie etwa Menge, Partikelgröße und Art der Additive; auf diese Weise eröffnet das Versuchsdesign vielfältige Anschlussexperimente und –kontexte.

Abbildung (v.l.n.r.): Elektronikschrott aus Computern, Lösen unedler Metalle in Salzsäure, Goldsäure-Lösung nach Abschluss der Versuchsreihe, recyceltes Kupfer durch Zementation auf Eisenwolle.
Insgesamt soll auf diese Weise in der Fortbildung dargestellt werden, dass sich durch die synergistische Vernetzung von Polymerchemie und Nanotechnologie vielfältige Lerngelegenheiten und Fragestellungen mit curricularem Bezug für die gymnasiale Oberstufe ergeben.
Literatur:
[1] T. Wilke, B. Bartram, C. Kostrewa & R. Saadat (2018): Kleine Additive mit großer Wirkung - Maßgeschneiderte Synthese von Kunststoffkompositen durch Nanotechnologie. UC 164 (28), S. 16-19.
[2] R. Saadat, B. Bartram & T. Wilke: Made to Measure: Easy Synthesis and Characterization of Nanocomposites with Tailored Functionalities for School Chemistry Education. W. J. Chem. Ed., 2 (7), S. 65-71.